Was können wir wissen?
Idsteiner Mittwochsgesellschaft
Referat am: Mittwoch, den 03.September 2008
Erkenntnistheorie der östlichen Philosophie im Verhältnis zu Kant
Buddhismus und Kant, Gedanken zur subjektiven Wahrnehmung, der Leerheit und dem Noumenon[1]
in der Lehre des Buddhismus und in der Philosophie Immanuel Kants
Die Einsichten oder Erkenntnisse, die Siddharta unter einem Baum meditierend erlangte, werden die Vier Edlen Wahrheiten genannt.
(1) Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit vom Leiden (dukkha): Geburt ist leidhaft, Alter ist leidhaft, Krankheit ist leidhaft, Tod ist leidhaft; Trauer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind leidhaft; mit Unliebem vereint, von Liebem getrennt sein ist leidhaft; Begehrtes nicht erlangen ist leidhaft; kurz: Die Fünf Aneignungsgruppen (welche die empirische Persönlichkeit ausmachen) sind leidhaft.
(2) Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Leidensentstehung: Es ist die Wiedergeburt bewirkende, wohlgefällige, mit Leidenschaft verbundene Gier (tanha), die hier und dort Gefallen findet, nämlich: Die Gier nach Lust, die Gier nach Werden, die Gier nach Vernichtung.
(3) Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: Die restlose Aufhebung, Vernichtung, Aufgabe, Verwerfung, das Freigeben (und) Ablegen eben dieser Gier.
(4) Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit von dem zur Leidensaufhebung führenden Wege, es ist dieser Achtfache Weg, nämlich Rechte Ansicht, Rechter Entschluß, Rechte Rede, Rechtes Verhalten, Rechter Lebensunterhalt, Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit, Rechte Meditation.[2]
Der frühe Buddhismus sieht die Welt als real an und versteht sie als mit ihren Phänomenen identisch. Allerdings erscheint die Welt dem Betrachter nicht so wie sie ist, sondern als subjektiv abhängig von den Sinnesorganen.
Im Samyuttanikaya[3] findet sich dazu folgender Ausspruch des Buddha:
[...] Was ist also, ihr Mönche, alles? Das Auge ist es und die Formen, das Ohr und die Töne, die Nase und die Düfte, die Zunge und die Säfte, der Körper und die Gegenstände, der Geist und die Dinge: das heißt man, ihr Mönche, alles.[4] Was, Mönche, ist das All? –: Das Auge und die Formen, das Ohr und die Töne, die Nase und die Gerüche, die Zunge und die Geschmäcke, der Körper und die Tastobjekte, das Denkorgan und die Denkobjekte.[5]
Die Objekte der Wahrnehmung sind also abhängig von dem wahrnehmenden Sinnesorganen und den Sinnesobjekten, wodurch bereits die Subjektivität des wahrgenommen Objekts angedeutet ist.
Noch deutlicher allerdings wird dies in Buddhas Ausspruch über die Entstehung von Wahrnehmung. Dazu sind drei Faktoren nötig: Die sechs Wahrnehmungsorgane, ein entsprechendes Wahrnehmungsobjekt und das jeweilige Sinnesbewusstsein, das sich des wahrgenommenen Objekts bewusst wird. Schumann zitiert aus dem Majjhimanikaya[6]:
Wenn [...] ein Auge und Formen (d.h. sichtbare Objekte) da sind, entsteht das Bewußtsein des Sehens. Das Zusammentreffen d(ies)er drei (Faktoren) ist Berührung; aus der Voraussetzung der Berührung (entsteht) Empfindung; was man empfindet, das nimmt man wahr; was man wahrnimmt, das überdenkt man; was man überdenkt, das projiziert (papanceti) man (als Außenwelt) [...].[7]
Es entsteht also aus dem Vorhandensein der drei Wahrnehmungsfaktoren Sinn, Objekt und Sinnbewusstsein die Empfindung eines Wahrnehmungsobjekts. Empfindung führt zur Wahrnehmung des Objekts, die bewertet wird und schließlich als Begriff auf das Wahrnehmungsobjekt übertragen – projiziert – wird, wodurch die subjektive Vorstellung von dem Wahrnehmungsobjekt entsteht.
Es ist kaum zu übersehen, dass Kant über 2000 Jahre später das Selbe meint, wenn er in der „Kritik der reinen Vernunft“ in den allgemeinen Anmerkungen zu seiner transzendentalen Ästhetik[8] zusammenfasst:
Wir haben also sagen wollen: daß alle unsere Anschauung nichts als die Vorstellung von Erscheinung sei: daß die Dinge, die wir anschauen, nicht das in sich selbst sind, wofür wir sie anschauen, noch ihre Verhältnisse so an sich selbst beschaffen sind , als sie uns erscheinen, und daß, wenn wir unser Subjekt oder auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne überhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objekte in Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden und als Erscheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren können.[9]
Kant führt aus, dass die Wahrnehmung der
Dinge und ihre Beziehungen untereinander nicht so wiedergibt, wie sie wirklich
sind, sondern dass es lediglich unsere Vorstellung davon ist, was dem Konzept
der subjektiven Wahrnehmung in der buddhistischen Philosophie, wie oben
angedeutet, entspricht.
Auch der Ablauf des Wahrnehmungsprozesses wird von beiden philosophischen Systemen gleich beschrieben, wobei sich natürlich die Terminologie unterscheidet. Nach Kant passiert folgendes:
Auf welche Art und durch welche Mittel sich auch immer eine Erkenntnis auf Gegenstände beziehen mag, es ist doch diejenige, wodurch sie sich auf dieselbe unmittelbar bezieht, und worauf alles Denken als Mittel abzweckt, die Anschauung. Diese findet aber nur statt, sofern uns der Gegenstand gegeben wird; dieses aber ist wiederum nur dadurch möglich, daß er das Gemüt auf gewisse Weise affiziere. Die Fähigkeit (Rezeptivität), Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenständen affiziert werden, zu bekommen, heißt Sinnlichkeit. Vermittels der Sinnlichkeit also werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe. [...] Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, sofern wir von demselben affiziert werden, ist Empfindung. Diejenige Anschauung, welche sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht, heißt empirisch. Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißt Erscheinung.[10]
Auch wenn die Instanz der Empfindung, im Gegensatz zum buddhistischen Wahrnehmungskonzept, zuerst nicht auftaucht, wird sie doch gesondert aufgeführt und lässt sich in das Ablaufschema eines Wahrnehmungsprozesses eingliedern, so dass beide Wahrnehmungskonzepte, das buddhistische und das kantische, nebeneinandergestellt und als gleich befunden werden können. Eine tabellarische Gegenüberstellung soll dies veranschaulichen:
Buddhismus |
Kant |
Wahrnehmungsobjekt |
Gegenstand (empirische Erscheinung) |
Berührung durch Sinn und Sinnbewusstsein |
Affizierung[11] durch Sinnlichkeit |
Empfindung durch Berührung |
Empfindung durch Affizierung |
Wahrnehmung durch Empfindung |
empirische Anschauung durch Empfindung |
Projektion durch Überdenken |
Begriffe durch Verstand[12] |
Das Absolute in der Leerheit und das Nichts bei Kant
Wie bereits besprochen, folgt aus der Lehre des Buddha von der Nicht-Seelenhaftigkeit der fünf Aneignungsgruppen, dass die empirische Person leer von einem Selbst ist, wobei „leer“, „nicht-ich“ oder „nicht-selbst“ synonym verwendet werden
Aus der Lehre des Buddha von der subjektiven Wahrnehmung der Erscheinungen folgt, dass den Erscheinungen oder empirischen Dingen, wie sie sich uns darstellen eine inhärente Eigennatur[13] fehlt, weil sie als Erscheinungen oder empirische Dinge erst durch das wahrnehmende Individuum rein subjektiv erzeugt werden. Sie sind also ebenso leer von einem erkennbaren Selbst, wie die wahrnehmende Person leer von einem Ich oder einer Seele ist.
Die Therevadins verwendeten das Wort „leer“ nur für die bedingten und vergänglichen Dinge (fünf Aneignungsgruppen, Erscheinungen der Welt) ohne das Nirvana ebenfalls als „leer“ zu bezeichnen.
Die Mahayanins allerdings bezeichnen auch das Nirvana als leer, da es ebenso keine Eigennatur besitzt und ersetzten die Aussage: Die Dinge sind leer von Eigennatur durch: Die Natur der Dinge ist Leerheit.
Dieses darf aber nicht als Negation oder Nichtexistenz der empirischen Dinge gedeutet oder als Nihilismus aufgefasst werden, da ihre Realität schon dadurch gegeben ist, dass wir sie wahrnehmen, wenn auch nur subjektiv.
Daraus ergab sich für die Mahayanins, dass die Leerheit das Absolute ist, das die bedingte Welt (fünf Aneignungsgruppen, Erscheinungen der Welt) und die nichtbedingte Welt (Nirvana) verbindet.
Allerdings stellte die Beschreibung der Leerheit die Mahayanins vor sprachliche Probleme, da es nichts an der Leerheit zu finden gibt, was sich als Zeichen beschreiben ließe. So versuchten sie durch Negation zu beschreiben, was die Leerheit nicht ist oder ihr positive Namen zu geben.
1. Die negative oder besser: subtraktive Definition des Absoluten negiert die Qualitäten, die mit Absolutheit unvereinbar sind. So ist das Absolute, da neben ihm kein zweites Wesenhaftes existiert, „ohne Vielheit“ und „Nichtzweiheit“. Es ist „durch Wünsche unerreichbar“ und durch „Tatabsichten nicht zu verwirklichen“. Mit anderen Worten: Es kann nicht durch karmisches Tun realisiert werden, das ja stets nur zu samsarischen Zielen führt.
2. Positive Namen erhält das Absolute = Leerheit, wenn seine Funktionen in der Welt aufgezeigt werden soll. In den Wesen und Dingen stellt es deren „wesenhaften Leib“ [..] dar, die „Wirklichkeit“ [..] oder „Soheit“ [..]; zuweilen finden sich auch die Bezeichnungen „Soheit des Wirklichen“ [..] und „Gipfel der Wirklichkeit“[..].
Das Absolute = Leerheit ist im Mahayana weniger ein ontologischer Begriff, der das Wesen der Welt definiert, als ein pädagogischer, therapeutischer(?) der den ins samsarische Leiden Verstrickten das Glück der Leidfreiheit im Loslassen ahnen läßt.
Leere ist im wesentlichen ein Gegenstand entrückter Kontemplation, und alles vage Geschwätz darüber, ob sie nun ‚Nichts‘ sei oder nicht, verdient nur Verachtung.[14] Trotzdem stellt sich die Frage, ob der Begriff der Leerheit mit dem kantischen Begriff des Nichts gleichgesetzt werden kann. Dazu zuerst was Kant über das Nichts sagt:
…. Der höchste Begriff, von dem man eine Transzendentalphilosophie anzufangen pflegt, ist gemeiniglich die Einteilung in das Mögliche und Unmögliche. Da aber alle Einteilung einen eingeteilten Begriff voraussetzt, so muß noch ein höherer angegeben werden, und dieser ist der Begriff von einem Gegenstande überhaupt (problematisch genommen, und unausgemacht, ob er Etwas oder Nichts sei). Weil die Kategorien die einzigen Begriffe sind, die sich auf Gegenstände überhaupt beziehen, so wird die Unterscheidung eines Gegenstandes, ob er Etwas, oder Nichts sei, nach der Ordnung und Anweisung der Kategorien fortgehen.
1. Den Begriffen von Allem, Vielem und Einem ist der, so alles aufhebt, d. i. Keines, entgegengesetzt und so ist der Gegenstand eines Begriffs, dem gar keine anzugebende Anschauung korrespondiert, = Nichts, d. i. ein Begriff ohne Gegenstand, wie die Noumena, die nicht unter die Möglichkeiten gezählt werden können, obgleich auch darum nicht für unmöglich ausgegeben werden müssen, (ens rationis[15],) oder wie etwa gewisse neue Grundkräfte, die man sich denkt, zwar ohne Widerspruch, aber auch ohne Beispiel aus der Erfahrung gedacht worden, und also nicht unter die Möglichkeiten gezählt werden müssen.
2. Realität ist Etwas, Negation ist Nichts, nämlich, ein Begriff von dem Mangel eines Gegenstandes, wie der Schatten, die Kälte, (nihil privativum).
3. Die bloße Form der Anschauung, ohne Substanz, ist an sich kein Gegenstand, sondern die bloß formale Bedingung desselben (als Erscheinung), wie der reine Raum, und die reine Zeit (ens imaginarium), die zwar Etwas sind, als Formen anzuschauen, aber selbst keine Gegenstände sind, die angeschaut werden.
4. Der Gegenstand eines Begriffs, der sich selbst widerspricht, ist Nichts, weil der Begriff Nichts ist, das Unmögliche, wie etwa die geradlinige Figur von zwei Seiten, (nihil negativum). Die Tafel dieser Einteilung des Begriffs von Nichts (denn die dieser gleichlaufende Einteilung des Etwas folgt von selber) würde daher so angelegt werden müssen:
l. L e e r e r B e g r i f f o h n e G e g e n s t a n d,
ens rationis.
2. L e e r e r G e g e n s t a n d e i n e s B e g r i f f s , 3. L e e r e A n s c h a u u n g o h n e G e g e n s t a n d ,
nihil privativum. ens imaginarium
.
4. L e e r e r G e g e n s t a n d o h n e B e g r i f f ,
nihil negativum.
Man sieht, dass das Gedankending (n. 1.) von dem Undinge (n. 4.) dadurch unterschieden wird, dass jenes nicht unter die Möglichkeiten gezählt werden darf, weil es bloß Erdichtung (obzwar nicht widersprechende) ist, dieses aber der Möglichkeit entgegengesetzt ist, indem der Begriff sogar sich selbst aufhebt. Beide sind aber leere Begriffe. Dagegen sind das nihil privativum (n. 2.) und ens imaginarium (n. 3.) leere Data zu Begriffen. Wenn das Licht nicht den Sinnen gegeben worden, so kann man sich auch keine Finsternis, und, wenn nicht ausgedehnte Wesen wahrgenommen worden, keinen Raum vorstellen. Die Negationen sowohl, als die bloße Form der Anschauung, sind, ohne ein Reales, keine Objekte.[16]
Nach Kant ist das Nichts zuerst ein leerer Begriff ohne Gegenstand, dem der Begriff der Leerheit ohne weiteres entspricht, da die Leerheit kein empirisch wahrnehmbares Ding ist. Zweitens kann das Nichts Negation von einem reellen Etwas, der Mangel eines Gegenstandes sein. Dies würde aber dem oben Erwähntem widersprechen, dass Leerheit nicht die Negation oder Nichtexistenz der Realität ausdrückt, da sie vielmehr ihr Wesen ist. Eine weitere Möglichkeit des Nichts ist die einer leeren Anschauung ohne Gegenstand, wie dem Raum und der Zeit. Auch hiermit lässt sich die Leerheit nicht vereinbaren, da sie als das Absolute im mahayanischen Sinn keine Form der Anschauung, wie Raum und Zeit, im kantischen Sinn sein kann.
Zur vierten Möglichkeit des Nichts, die eines leeren Gegenstands ohne Begriff, sagt Kant, dass der Begriff des Gegenstandes sich selbst widersprechen müsse und somit der Gegenstand leer bleibt. Dem entspräche die Aussage: Die Leerheit ist leer an Leerheit. oder: Die Leerheit ist leer an sich selbst. wodurch der Begriff der Leerheit, ad absurdum geführt und sich selbst widersprechen würde, denn die Leere kann nicht leer von Leere, also voll sein, wie ein Kreis nicht eckig sein kann.
So entspricht die Leerheit des Mahayana-Buddhismus der ersten und der vierten Möglichkeit des Nichts bei Kant, der dieses dem Etwas eines Gegenstandes, das sich aus den vier Kategorien ableitet, gegenübergestellt hat. D.h., die Leerheit lässt sich durchaus als Nichts von Quantität und Modalität[17] im kantischen Sinn beschreiben, als Absolutes lässt sich über seine Qualität und seine Relation allerdings nichts aussagen.
Die Leerheit als das kantische Noumenon
Wie im obigen Text zitiert, setzt Kant das Nichts mit den Noumena gleich, da das Nichts ein Begriff ohne Gegenstand sei, der jeglicher Anschauung entbehrt und nur gedacht ist. Wenn die Leerheit dem kantischen Nichts als Begriff ohne Gegenstand entspricht und dieses wiederum einem Noumenon gleichkommt, dann kommt die Leerheit einem kantischen Noumenon, einem logischen Begriff eines Ding-an-sich gleich. Dies aber würde bedeuten, das Mahayana-Buddhisten und Immanuel Kant im zeitlichen Abstand von mehr als 2000 Jahren dasselbe gedacht haben, wenn auch in unterschiedlichen Begriffen und aus unterschiedlicher Motivation heraus.
Durch die Einführung des Leerheitsgedankens und des Absoluten in der Leerheit ergab sich außerdem, dass jedes Individuum bereits erlöst ist, die Erlösung in sich trägt und sich ihrer nur noch bewusst werden muss, wozu es allerdings tiefgehender Weisheit bedarf, im Gegensatz zu den vor- mahayanischen Schulen des Hinayana, wo es zur Erlösung strenge Selbstdisziplin braucht, sodass das Ergebnis einer solchen Untersuchung auf Gemeinsamkeiten hin, eine Interpretation und Deutung der Leerheit im abendländisch philosophischen Sinne wäre, der ein Anhänger des Mahayanabuddhismus wahrscheinlich wenig (Nichts?) abgewinnen könnte.
Wie gezeigt, lassen sich in der Philosophie des Buddhismus und der des Immanuel Kant bezüglich der Wahrnehmungstheorie Entsprechungen finden.
Zusammengestellt von Ivica Košak
[1] Das Noumenon (aus dem griechischen νουμενον noúmenon "das Gedachte") ist ein Begriff der Philosophie.
In der Philosophie von Immanuel Kant ist ein Noumenon oder Ding an sich eine unkenntliche, unbeschreibbare Realität, die auf irgendeine Weise den beobachteten Phänomenen zugrunde liegt. Die Etymologie des Wortes reflektiert letztlich den Nous (griech. für Geist). Kant hat den Begriff "Ding an sich" eingeführt, um zwischen dem "Gedachten" und dem "Denkinhalt", dem "Ding selbst" und der "Sinnes-Wahrnehmung" davon zu unterscheiden. Das Ding an sich im Kantischen Verständnis bezeichnet das Gegenteil dessen, was unter einem Noumenon im griechischen Sinne verstanden wurde. "Das Gedachte" ist dasjenige, was ein Ding von der Sinnes-Wahrnehmung unterscheidet.
[2] Mahavagga des Vin 1,6,17+19-22 = Samyuttanikaya 56,II,5-8
[3] Die Samyutta Nikaya ("Die Gruppierte Sammlung", Kürzel: S) ist eine Sammlung von Texten im Buddhismus; sie ist die dritte der fünf Nikayas ("Sammlungen"), aus denen die Suttapitaka besteht. Diese Sammlung enthält insgesamt 2889 Suttas, gruppiert in fünf Vaggas (Sektionen). Jede Vagga ist wiederum in Samyuttas (Kapitel) unterteilt, welche die nach Themen geordneten, überwiegend kürzeren Lehrreden enthalten.
[4] Samyuttanikaya 35, 23; http://www.palikanon.com/samyutta/sam35_030.html#s35_23
[5] Schumann, Hans Wolfgang: Buddhismus. Stifter, Schulen und Systeme. Diederichs,
München 1995, 3.Auflage
[6] Die Majjhima Nikaya ("Sammlung der mittellangen Abhandlungen", Kürzel MN, auch Mittlere Sammlung) ist die zweite der fünf Nikayas ("Sammlungen"), aus denen die Suttapitaka besteht. Der Name bezieht sich auf die relative Länge der enthaltenen Sutten (Lehrreden), die im Vergleich zu denen der "längeren Sammlung" Digha-Nikaya und der "kürzeren Sammlung" Khuddaka-Nikaya meist mittellang sind.
Die einzige vollständige Übersetzung des Pali-Urtexts ins Deutsche stammt noch immer von Karl Eugen Neumann und entstand zwischen 1896 und 1902. Die Mittlere Sammlung beinhaltet insgesamt 152 Sutten, die in drei "Fünfzigergruppen" (Pannasa) zu je 50 bzw. einmal 52 Sutten aufgeteilt sind, die sich wiederum in Kapitel mit jeweils zehn bzw. einmal - im vorletzten Kapitel - mit zwölf Sutten unterteilen.
Die Sutten bilden keinen aufeinander aufbauenden Zusammenhang, sondern stehen selbständig nebeneinander. In der Mittleren Sammlung ist im Kern bereits die vollständige Lehre Buddhas enthalten.
[7] http://www.palikanon.com/majjhima/m018n.htm
[8] Die transzendentale Ästhetik ist der erste Teil der transzendentalen Elementarlehre in Immanuel Kants Werk der Kritik der reinen Vernunft. Den Begriff Ästhetik verstand Kant noch in seiner ursprünglichen griechischen Bedeutung als sinnliche Wahrnehmung (von gr. Aisthesis). Die transzendentalen Ästhetik ist also eine Theorie der Wahrnehmung, oder mit Kants Begriff der Sinnlichkeit als Erkenntnisgrundlage. Ihr folgt die transzendentale Logik - die Theorie vom Denken. So kommen nach Kant rein zeitlich erst die sinnlichen Anschauungen und dann das Denken. Doch Erkenntnis ist auf Anschauung und Denken gleichermaßen angewiesen. In der transzendentalen Ästhetik behandelte Kant vorrangig die Bedeutung von Raum und Zeit für das menschliche Wahrnehmungsvermögen. Da er das Räumliche als Grundlage für die Geometrie und das Zeitliche als Grundlage für die Arithmetik ansah, ist die transzendentale Ästhetik zugleich eine Theorie darüber, wie reine Mathematik möglich ist.
[9] A 42, B 59; zit.n. Hirschberger Band II, S. 285; vgl. auch http://www.gutenberg2000.de/kant/krva/krva017.htm
[10] http://www.gutenberg2000.de/kant/krva/krva010.htm
[11] zu affizieren, dies von lateinisch afficere „einwirken, Einfluss nehmen“
[12] An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande kann Zweckmäßigkeit vorgestellt werden: entweder aus einem bloß subjektiven Grunde, als Übereinstimmung seiner Form, in der Auffassung (apprehensio) desselben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermögen, um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis überhaupt zu vereinigen; oder aus einem objektiven, als Übereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der vorhergeht und den Grund dieser Form enthält. cf. I.K. Kritik der Urteilskraft
[13] Die Welt und ihre Erscheinungen sind nicht, da sie immer nur aus verursachenden und selbst wesenlosen Bedingungen oder Voraussetzungen hervorgehen und folglich kein eigenständiges Sein in sich tragen. Die Dinge sind ohne Eigennatur (ohne inhärente Existenz) (svabhavata); sie sind letztlich leer (sūnya). Die Leere (sūnyatā) ist aber kein Nichts, denn ein angenommenes Nichts wäre ja auch ein Etwas und somit als ein Sein zu qualifizieren. Somit gibt es weder Sein noch Nichtsein, sondern nur die allen Phänomenen zugrunde liegende Leerheit.
[14] Vallenilla, Ernesto Mayz: Die Frage nach dem Nichts bei Kant. Neske, Pfullingen 1974
[15] cf. Beim Ockham, Ockham hat in späterer Zeit seine Fictumtheorie aufgegeben. Ockham hat damit seine ganze frühere Lehre vom ens rationis verworfen und diesem Terminus einen neuen Sinn gegeben. Nach dem späten Ockham ist das ens rationis nicht mehr als das durch den Intellekt hervorgebrachte Gedachte als solches zu verstehen. Vielmehr sind die entia rationis, z. B. die Begriffe oder Intentionen oder passiones animae, verstanden als Akt des Intellekts, selbst als entia realia anzusehen, insofern je auch ein Bewusstseinsakt Teil der Naturwirklichkeit ist.
[16] http://www.gutenberg2000.de/kant/krva/krva063b.htm
[17] Im engeren, klassischen Sinn bezeichnet der Ausdruck "Modalität" die alethische Modalität. Die alethische Modalität ist in ontologischer Wendung die Art und Weise des Bestehens eines Sachverhaltes oder in logischer die Wahrheit von Aussagen.
Man unterscheidet in der Regel neben der einfachen (faktischen) Wahrheit die Notwendigkeit, die Möglichkeit, die Unmöglichkeit und die Kontingenz.
Der Begriff der (alethischen) Modalität wird schon von den Kommentatoren des Aristoteles verwandt.
Kategorien der Modalität sind nach Kant Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit, denen die Modalität der Urteile (problematische (mögliche), assertorische (wirkliche), apodiktische (notwendige)) entsprechen sollen.