Handout

Buchbesprechung mit Diskussion

SPRACHFINDUNG







Mittwoch, den 26 September 2012

Stadtbücherei Idstein, Löherplatz 15

um 19:00 Uhr

Marijana Erstic, Slavija Kabic, Britta Künkel (Hrsg.)

 Opfer - Beute - Boten der Humanisierung?

Zur künstlerischen Rezeption der Überlebensstrategien von Frauen im Bosnienkrieg und im Zweiten Weltkrieg











Broschiert: 220 Seiten
Verlag:
Transcript; Auflage: 1., Aufl. (November 2012)
Sprache:
Deutsch
ISBN-10:
383761672X

ISBN-13: 978-3837616729

INHALT

Vergewaltigung als Kommunikation zwischen Männern.  
Kontexte und Auseinandersetzung in Publizistik und Literatur, Elisabeth von Erdmann | 13

Glück“ (2009) – 
Eine Skizze zu Ferdinand von Schirachs Kurzgeschichte mit einem Blick auf den gleichnamigen Spielfilm von Doris Dörrie (2011), 
Marijana Erstić  | 39

Den Krieg bezeugen: 
STURM (2009), Uta Fenske | 49

Wie stereotyp darf ein Kriegsfilm sein? 
Max Färberböcks ANONYMA – EINE FRAU IN BERLIN (2008), Walburga Hülk/Gregor Schuhen | 65

Namenlos, gesichtslos, austauschbar‘: 
Menschlichkeit und Bestialität im Roman: 
Als gäbe es mich nicht von Slavenka Drakulić, Slavija Kabić | 87

Aktivierung des Weißraums. 
Zur Typographie des Schweigens in E 71. Mitschrift aus Bihać und Krajina, Hermann Korte | 115

BERLIN `36. 
Erfahrungen einer jüdischen Sportlerin in der NS-Zeit und die filmische Umsetzung. Britta Künkel | 127

Die post-jugoslawischen Kriege in den Massenmedien. 
Eine kommunikationstheoretische Betrachtung mit besonderer Berücksichtigung der Massenvergewaltigung, Dunja Melčić | 139

Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meines Körpers“. Zur filmischen Inszenierung von Schmerz in ESMAS GEHEIMNIS
Tanja Schwan | 155

Der Krieg in Bosnien-Herzegowina. Mehr als Konkurrenz der Erinnerungen Ludwig Steindorff | 179

Die Antigone von Katyń. Die Frauenporträts in Andrzej Wajdas Film: DAS MASSAKER VON KATYŃ, Natasza Stelmaszyk | 213

Am 22. und 23. Juli 2010 fand an der Universität Siegen ein Workshop statt mit dem Titel "Frauen im Krieg - Opfer, Beute, Überläuferinnen oder Boten der Humanisierung? Muster im Bosnienkrieg und im Zweiten Weltkrieg", unterstützt vom Gleichstellungsbüro und dem Siegener Zentrum für Gender Studies Gestu_S der Universität Siegen statt.

Der Bosnienkrieg (1992-1995), der im Mittelpunkt der Tagung stand, gilt als ein Krieg, bei dem die Vergewaltigungen von Frauen als eine politische Strategie eingesetzt wurden. Damit gehört dieser Krieg in die Reihe der kriegerischen Auseinandersetzungen, bei denen die körperliche und seelische Erniedrigung und die Gewalt an Frauen systematisch betrieben wurden.

Nach dem Krieg entstanden, namentlich aus der Feder- und Kameraführung von literarischen sowie von Film-Autorinnen und - Autoren, verschiedene Werke, die sich mit eben dieser Thematik beschäftigen. Im Zentrum des Workshops stand deshalb die Auseinandersetzungen mit dem Tatbestand der systematischen Vergewaltigungen und ihrer Folgen in den literarischen Werken und in den Spielfilmen.

Mit der Besprechung und Analyse einzelner Werke hat dieser Workshop ein Beitrag zu der Erforschung der Auseinandersetzung mit den Jugoslawienkriegen geleistet. Ergänzend wurden die film- und literaturwissenschaftlichen Referate mit den Referaten über den Jugoslawischen Nachfolgekrieg, über die Rolle der Medien in demselben Krieg sowie über die Rolle der Frauen in Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg abgehalten.

Quelle: http://www.uni-siegen.de/start/news/oeffentlichkeit/314865.html










Autorin: Andrea Cavelius

Titel: Leila – Ein bosnisches Mädchen

Verlag & Erscheinungsjahr: Ullstein (2001)

Taschenbuchausgabe, 239 Seiten, EUR 7,95

ISBN: 3548362826

„Leila – Ein bosnisches Mädchen“ erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das während des  Jugoslawienkrieges in den 1990er Jahren in ein serbisches Vergewaltigungslager in Bosnien verschleppt wird und dort der Hölle auf Erden ausgesetzt ist, da jedes Recht und jede Ordnung außer Kraft gesetzt scheinen. Dieser offene und ehrliche Bericht zeigt wie dieses Mädchen heute mit dem Leid leben muss, das tausende Frauen in ihrer Heimat traumatisiert hat.  Es ist eine Geschichte aus jüngster Vergangenheit Europas, die zeigt, wozu Menschen fähig sein können.

Der Stil des Buches ist facettenreich, da beispielsweise der Erzählfluss der Ich-Erzählerin Leila durch Tagebucheinträge der Mutter unterbrochen wird. Der Leser erhält dadurch Zugang zu einer weiteren Perspektive, nämlich der Welt der Mutter und wird dadurch Zeuge ihrer verzweifelten Situation, die von Sorge und Ungewissheit dominiert wird. Die Darstellung von Gefühlswelten und starken zwischenmenschlichen Beziehung, vor allem zwischen Mutter und Tochter sind folglich ein essentieller Bestandteil dieser Geschichte. Denn zum Schluss ist es diese innige Beziehung, die sowohl Mutter als auch besonders Leila die nötige Kraft zum Überleben gibt.

Die unbeschreibliche Art und Weise wie simple Wörter und Sprache genutzt werden, um die weiblichen Emotionen in diesen Situationen zu beschreiben, ist sehr fesselnd. Auch wenn der Eindruck von Gefühllosigkeit und Nüchternheit dominierend ist, ist dies wohl nur ein Ausdruck von emotionaler Taubheit. Denn es muss ohne Zweifel sehr schwierig sein, überhaupt ansatzweise zu beschreiben, was da geschehen ist, und es ist wohl noch schwieriger Worte dafür zu finden, wenn es einem selbst widerfahren ist. Es mangelt schon an Worten, wenn ich als Leserin beschreiben muss, welche Gefühle diese Geschichte in mir weckt, denn man fühlt sich nach dem Lesen dieses Buches selbst erschreckend kalt und abgestumpft.

„Leila – ein bosnisches Mädchen“ ist definitiv kein Buch für Zwischendurch. Ebenso wird es nicht leicht sein, das Gelesene schnell zu verarbeiten oder zu vergessen, und es wird seine Zeit dauern, sich davon regelrecht zu erholen. Dennoch sollte man immer daran denken, dass diese Frau all das wirklich erlebt hat und auch irgendwie damit weiterleben musste und muss. Diese Geschichte entspricht einem Albtraum und ist doch unbedingt lesenswert, da sie fesselnd, unbeschreiblich, schmerzhaft und einfach wahr ist. Es ist die Geschichte eines um ihre Jugend betrogenen Mädchens, das einen Krieg und Vergewaltigungslager überlebt in denen es sogar von den „eigenen Soldaten“ vergewaltigt wird. Letzteres zeigt ebenso wie die Tatsache, dass diese Geschichte kein Einzelfall ist, dass der „Balkan“ wohl dort beginnt wo jede Logik endet.

Ivona Golemac

Quelle.: RIJEČ (Das Wort) Nr. 42 – Mitteilungsblatt der Kroatischen Kulturgemeinschaft, Wiesbaden 2012. 



Liao Yiwu

Der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hat den chinesischen Schriftsteller Liao Yiwu zum diesjährigen Träger des Friedenspreises gewählt. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 14. Oktober 2012, in der Paulskirche statt.

Begründung der Jury

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2012 an  Liao Yiwu und ehrt damit den chinesischen Schriftsteller, der sprachmächtig und unerschrocken gegen die politische Unterdrückung aufbegehrt und den Entrechteten seines Landes eine weithin hörbare Stimme verleiht.  Liao Yiwu setzt in seinen Büchern und Gedichten den Menschen am Rand der chinesischen Gesellschaft ein aufrüttelndes literarisches Denkmal. Der Autor, der am eigenen Leib erfahren hat, was Gefängnis, Folter und Repression bedeuten, legt als unbeirrbarer Chronist und Beobachter Zeugnis ab für die Verstoßenen des modernen China.  

Das Manuskript seines Werks „Für ein Lied und hundert Lieder“, in dem er von der Entmenschlichung durch rohe Gewalt in chinesischen Gefängnissen erzählt, wurde mehrfach von den Behörden beschlagnahmt; er hat es immer wieder neu geschrieben und konnte es schließlich im Exil veröffentlichen. Als Volksschriftsteller im umfassenden Sinn steht er ein für Menschenwürde, Freiheit und Demokratie.

Die Begegnungen mit den Menschen, die er als Straßenmusiker und Gelegenheitsarbeiter kennengelernt hat, versammelt Liao Yiwu 1998 in Form von 60 Interviews. In bereinigter Form erscheinen diese 2001 bei einem chinesischen Verlag unter dem Titel „Interviews mit Menschen vom unteren Rand der Gesellschaft“. 2009 wird dieses „Panoptikum an Lebensläufen, die eigentliche Kulturgeschichte Chinas von Mao bis zum heutigen Tag“ (Herta Müller), in Deutschland ungekürzt veröffentlicht („Fräulein Hallo und der Bauernkaiser: Chinas Gesellschaft von unten“). Seine Gespräche mit einem Mörder, Totenliedersänger, Dieb, Klomann, Menschenhändler, Wahrsager, Homosexuellen, Bettler, Lehrer, Dissidenten, früheren Landadligen, Zuhälter, Feng-Shui-Meister und vielen anderen Menschen aus den unteren Gesellschaftsschichten zeichnen die Wirklichkeit der Gegenwart Chinas nach. Das Buch wird somit zu einem Porträt des Landes jenseits der offiziellen Darstellungen. 

Die „bereinigte“ chinesische Version des Buches wird von den Kritikern hoch gelobt und verkauft sich gut, bis die chinesischen Behörden den Verkauf untersagen, den Verlag bestrafen und für die Entlassung von Mitarbeitern einer chinesischen Zeitung sorgen, die ein Interview mit Liao Yiwu geführt haben. Fortan darf sein Name in den Medien nicht mehr genannt werden. 2002 gelingt es, das Buch nach Taiwan zu schmuggeln, wo es ein Jahr später in drei Bänden veröffentlicht wird. Auszüge daraus erscheinen auch auf Englisch und Französisch. Liao Yiwu erhält 2003 mit dem Hellman-Hammet-Grant eine Förderung der Organisation Human Rights Watch. 2007 wird er mit dem Freedom To Write Award des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums ausgezeichnet. Die Verleihung wird aber verhindert. 2008 erscheinen 27 der Gespräche in den USA mit dem Titel „The Corpse Walker – Real Life Stories: China From the Bottom Up“. Für die polnische Ausgabe des Buches erhält er 2012 den Ryszard-Kapuscinski-Preis.

Um das Leben von Liao Yiwu nicht in Gefahr zu bringen, hält sein deutscher Verlag die Veröffentlichung seines Buches „Für ein Lied und hundert Lieder“, wofür dem Autor durch chinesischen Behörden eine erneute Gefängnisstrafe angedroht wird, bis zu seiner Flucht zurück. Es ist die Übersetzung der dritten Version seiner Erinnerungen an die vierjährige Gefängniszeit von 1990 bis 1994. Immer wieder hat er sie von vorn beginnen müssen, weil die von ihm verfassten Manuskripte 1995 und 1997 bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden. Dem Leidensweg durch die chinesischen Gefängnisse und Arbeitslager stellt Liao Yiwu die Wucht seines Gedichtes „Massaker“, dem Grund seiner Inhaftierung, voran. Das Buch, das im November 2011 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet wird, wird dadurch zu einem „politischen Zeugnis erster Güte“ (Neue Zürcher Zeitung), mit dem Liao Yiwu den Menschen, die das politische System zum Schweigen bringen will, eine Stimme gibt. Im gleichen Jahr erscheint in Deutschland eine Sammlung zum Teil noch nicht veröffentlichter Gedichte unter dem Titel „Massaker: Frühe Gedichte“. 

Quelle: http://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/445722/?aid=538090



Interkulturelle Woche Idstein 2010 – 2011 (Archivfotos)


http://www.hkz-wi.de/kronika_hr/Buecher_Medien_und_%20Autoren.pdf


http://www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/idstein/9463823.htm 

Zusammengestellt: Ivica Košak
Kroatische Kulturgemeinschaft e.V., Idstein, 2012



Gefördert durch die Stadt Idstein, Amt für Soziales, Jugend und Sport

Veranstalter: