Literatur im Dialog

Kroatische Kulturgemeinschaft e.V. Wiesbaden

Unsere Authoren

RIJEČ

Offenheit auf allen Seiten

„Offenheit auf allen Seiten“

11.05.2010 - IDSTEIN Von Beke Heeren-Pradt INTEGRATION 

Diskussion als Beitrag zur Europawoche in Idstein


In den Räumen der türkischen Gemeinde wurde zur Europawoche über das Thema Integration diskutiert. Foto: wita/Mallmann  

„Bürgerpartnerschaften - interkulturelles Netz für Europa“. Unter dieser Überschrift stand der Idsteiner Beitrag zur bundesweiten Europawoche. Ein Basar, ein Vortrag über den Lauf von Idstein nach Sile im letzten Sommer und eine Podiumsdiskussion hatten die Organisatoren auf das Programm des Tages geschrieben. Vor genau 60 Jahren markierte der 9. Mai die Geburtsstunde der Europäischen Union, als der damalige französische Außenminister Robert Schuman in einer Regierungserklärung zum ersten Mal forderte, eine übernationale, europäische Organisation zu gründen, die sich um die Verwaltung der Kohle- und Stahlproduktionkümmern sollte. Im Jahr 1951 wurde die Montanunion gegründet, der wichtigste Vorläufer der späteren Europäischen Union. „Integration auf dem Prüfstand oder: Die interkulturelle Kompetenz“, unter diesem Titel fand eine Podiumsdiskussion in den Räumen der türkischen Gemeinde statt. Das Thema stieß auf Interesse. Ein Eingangsreferat von Helen Bicknell, Professorin an der Hochschule Fresenius, zum Thema Demokratie und demokratischer Teilnahme am politischen Prozess als ein wesentlicher Faktor der Integration gab einen ersten Impuls für die Diskussion, sich mit dem Thema Wahlrecht auseinanderzusetzen, das unterschiedlich gehandhabt wird für Ausländer aus EU-Staaten und solche aus anderen Ländern. Die Zweisprachigkeit der Kinder fördern Sehr kontrovers wurde das Thema diskutiert. Dabei war längst nicht nur das Podium beteiligt, das aus Hamid Nafisi, Vorsitzender des Idsteiner Ausländerbeirates, Yasemin Bulut, Diplompädagogin aus Taunusstein, Rosel Friedrich-Öztürkoglu, Vorsitzende des deutsch-ausländischen Freundschaftskreises, Ivica Kosak, Ausländerbeirat Idstein, und der Engländerin Helen Bicknell, Hochschule Fresenius, bestand, sondern auch das gemischte Publikum beteiligte sich sehr lebhaft. Über die Tatsache, dass Sprachkompetenz der wesentliche Faktor zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist, herrschte Einigkeit. Auch die Tatsache, dass Kinder ausländischer Familien zweisprachig sind und dass dies gefördert werden muss, war ein Punkt, in dem alle einig waren. Dennoch gab es unterschiedliche Meinungen, was die Möglichkeit des Wahlrechts angeht, das bei Menschen aus allen Nicht-EU-Staaten damit einher geht, dass sie ihre Staatsbürgerschaft aufgeben müssen, wenn sie die deutsche erlangen wollen, um auch in Deutschland Wahlrecht bei Landtags- und Bundestagswahlen zu haben. Gerade Türken machen sich diese Entscheidung sehr schwer, weil sie damit eine Rückkehr in ihr Heimatland kompliziert werden lassen. Integration ist ein Thema, das sehr emotional diskutiert wird, denn es kommt sehr dicht an die Betroffenen heran. Für die einen ist Wahlrecht ein wesentlicher Faktor, für andere, so die Diplompädagogin Yasemin Bulut, ist dieser Aspekt der Integration überhaupt kein Thema. Viele Familien, die sie in Taunusstein betreue, seien mit drängenderen Problemen der Existenz beschäftigt, als dass sie sich Gedanken ums Wahlrecht machten, so Buluts Einwurf. Immer wieder landete die Diskussion bei den individuellen Unterschieden in der Integration. Inwieweit gibt man seine kulturelle Identität auf, wenn man sich integriert? Gibt es nationale Unterschiede oder sind es schichtspezifische Unterschiede, die Ausländer sich schneller oder langsamer integrieren lassen? Integration von Türken insgesamt schwieriger Deutlich wurde, dass die Integration von Türken insgesamt schwieriger ist als die von anderen Ausländern. Das hat auch mit der Resonanz zu tun, die sie in der deutschen Gesellschaft finden.Daher müsse gemeinsam auf allen Seiten daran gearbeitet werden, dass Missverständnisse ausgeräumt werden und eine Offenheit auf allen Seiten erreicht wird, hieß es. Dazu müsse die Diskussion unbedingt weitergeführt werden, waren sich alle Teilnehmer einig.   

http://www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/idstein/8880872.htm