Literatur im Dialog

Kroatische Kulturgemeinschaft e.V. Wiesbaden

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RIJEČ

Ruđer Bošković

BILDUNGSWOCHE: 

Petersdom und Atomtheorie

Ein großer Kroate und die Idsteiner Mittwochsgesellschaft


Den meisten Deutschen wird der Name Ruder Josip Boškovic nicht viel sagen. Für die Kroaten ist er der bedeutendste Wissenschaftler ihrer Nation. Zum 300. Geburtstag des Universalgelehrten aus dem 18. Jahrhundert wurde nun in der Stadtbücherei ein Vortrag gehalten.

Es ist bereits eine Tradition des Idsteiner Literatur- und Philosophiekreises - der Idsteiner Mittwochsgesellschaft - in der Stadtbücherei aus besonderen Anlässen Autoren- und Buchvorstellungen zu veranstalten. Das R. Boškovic in diesem Jahr auf der Unesco-Liste der besonders denkwürdigen Jubilare steht, war mehr als Grund genug, über ihn zu berichten. Im Rahme der Idsteiner Woche der Weiterbildung, einer Initiative des Ausländerbeirats der Stadt Idstein, konnte diese Veranstaltung formell unter der Schirmherrschaft der UN-Organisation für die Kultur und Bildung abgehalten werden.

Ivica Košak, auch Absolvent des Studiums der Philosophie erklärte, welche Bedeutung Boškovic (1711-1787) für die europäische Entwicklung der Natur- und Geisteswissenschaften hatte.

Boškovic war seiner Zeit 300 Jahre voraus

„Er war seiner Zeit 300 Jahre voraus“, sagte Košak, der auch der Vorsitzende des Kroatischen Kulturgemeinschaft Wiesbaden ist, und verglich Boškovic mit Newton und Leibniz. „Er war Wissenschaftler, Philosoph, Dichter, Mathematiker, Astronom. Boškovic entwarf optische Instrumente für die englische Marine, baute Straßen, Brücken und half bei der Sanierung von Häfen.“

Seine Heimat Dubrovnik verließ Boškovic mit 15 Jahren, um bei den Jesuiten in Rom eine wissenschaftliche Ausbildung zu erhalten. Während der längsten Zeit seines Lebens hat der Gelehrte an diversen Europäischen Hochschulen und Wissenschaftlichen Institutionen beziehungsweise Akademien der Wissenschaft geforscht und gelehrt. Bekannt wurde er durch seine Berechnungen, die die Kuppel des Petersdoms vor dem Einsturz bewahrten. In seinem Werk „Theorie der Naturphilosophie“, das 1758 in Wien erschien, kam Boškovic als erster auf die Idee der Mikroteilchen und entwickelte seine eigene Atomtheorie. Seine Vorstellungen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Atommodell des dänischen Physikers Nils Bohr bestätigt. Werner Heisenberg nannte Boškovic, auf Grund seiner allumfassenden Theorie der Mikrostruktur und Eigenschaften der Materie, einen „kroatischen Leibniz“. Europaweit sind über 120 wissenschaftliche Werke über Boškovic veröffentlicht worden, etwa 20 davon in deutscher Sprache. Einige davon wurden dem internationalen besetzen Publikum in der Bibliothek vorgestellt. Bei der Koreanerin Eui-Ok Kim, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen (AGAH), weckte der Tagungsband „Boškovic und sein Modell der Materie“ besonderes Interesse. Dieser erschien 2008 anlässlich des Symposiums zum 250. Jahrestag der Erstveröffentlichung von „Theorie der Naturphilosophie“ in Wien. Eui-Ok Kim betonte außerdem, dass eine Reisefreiheit, wie sie im 18. Jahrhundert für Gelehrte in Europa herrschte auch heute für jede Person weltweit wünschenswert wäre. „Diese Neuauflage des 300 Jahren altes Wissens kann auch heute zur Verbreitung des Mehrverständnisses für interkulturelle Begegnungen dienen“, betonte Dr. Asghar Fassihi, ein Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt Idstein.